Das Projekt:
Pferde mit ganz verschiedenen Geschichten; Kommunikation durch Körpersprache, Hilfsmittel nur wenn die Sicherheit es nötig macht, aber nie fürs Training.
Das Ziel:
Herauszufinden, wie weit kann man die Reitkunst entwickeln kann, wenn man ausschließlich Körpersprache benutzt.
Herausforderungen stärken
Ich höre die Worte meiner guten Freundin Michele in Endlos-Schleife: „Im Schnee laufen macht dich stark!“
Ich brauchte diese Ermutigung, ich brauchte irgendetwas Gutes, dass aus dieser letzten Woche Schnee und Eis hier im pazifischen Nordwesten, entspringen könnte, an dem ich festhalten konnte. Jetzt schmilzt der Schnee langsam und wir kehren zu unserem gewohnten Klima zurück. Und ich fühle die Wahrheit in dieser widerhallenden Aussage:
„Im Schnee laufen macht dich stark!“
Nachdem ich diese eine Woche mit wirklich schwierigem Wetter hinter mir gelassen habe, bringt die Rückkehr zu normalen Temperaturen eine Leichtigkeit/ Ruhe in mein Dasein, die vorher nicht da war. Es scheint, als könnte die Kälte mir nichts mehr anhaben, der Wind nun mit meinen Haaren zu spielen, anstatt an ihnen zu zerren. Und der kurze Weg auf den Berg hinter meinem Haus verspricht nun Zeit, meine Gedanken beruhigen zu können, statt wie im Schnee einfach nur total ermüdend zu sein.
Herausforderungen bringen Kraft, und wenn du die Herausforderung gemeistert hast, bringt die Normalität Leichtigkeit/Ruhe in dein Leben.
In meinem aktuellen Forschungsprojekt, Pferde in Freiheit zu trainieren, habe ich Schwierigkeiten mit diesem Konzept, das Herausforderungen mit sich bringt.
Pferde (und auch viele Menschen) würden die meiste Zeit Leichtigkeit/ Ruhe einer Herausforderung vorziehen. Aber ohne herausfordernde Kontraste im Leben, würde sich Leichtigkeit/ Ruhe nie so befriedigend anfühlen wie sie es eigentlich könnte.
Meine Forschung dreht sich genau darum.
Wie trainierst Du ein Pferd in Freiheit, auf gutem und gesundem Weg nach Herausforderungen zu suchen, die ihm helfen zu wachsen und sich weiterzuentwickeln, um die Leichtigkeit/ Ruhe zu finden, die nach der Anstrengung kommt?
In der Wildnis ist es möglicherweise ein Mangel an Futter, Wasser, Fortpflanzungsmöglichkeiten oder Sicherheit, wenn die Feinde gerade auf der Jagd sind. Jedes dieser Dinge stellt eine Herausforderung dar, die von einem Wildpferd gelöst werden muss, um Leichtigkeit/ Ruhe wiederzufinden.
Wenn ich ein Pferd in Gefangenschaft bringe, löse ich viele dieser Dinge für es. Es gibt jederzeit ausreichend Futter und Wasser. Hengste und Stuten sind entweder getrennt oder kastriert, also sind Fortpflanzungsmöglichkeiten kein Thema mehr. Und da, wo ich lebe, gibt es keine großen Feinde, also geht es bei Sicherheit nicht mehr um Leben und Tod, wie es in der Wildnis wäre.
Wenn Pferde mit diesem Leben in Leichtigkeit konfrontiert werden, beginnt die Langeweile und eine ganz andere Art von Stress beginnt, und damit eine ganz andere Art von Herausforderung.
Jetzt hat die Herausforderung mit räumlichen Beziehungen zu tun und mit Harmonie oder dem Fehlen von Harmonie bei der Bewegung von einem komfortablen Ort zum andern.
Je mehr dysfunktionalen Stress ein Pferd fühlt, desto mehr Kampf und Flucht werden in den Entscheidungen, wo, wann und wie man zusammen ist, eine Rolle spielen. Um so funktionaler Stress für ein Pferd ist, desto eher spielen im Zusammensein Spiel, Weichen, Interesse, Neugier und Nachdenken in den Entscheidungen, wo, wann und wie man zusammen ist, eine Rolle.
Das ist mein Forschungsprojekt. Wie können wir dem Pferd Angewohnheiten beibringen, die funktionaler Stress statt dysfunktionaler Stress sind?
Herausforderungen sind wichtig als Kontrast zu Leichtigkeit.
Irgendetwas interessantes muss es geben, um den durch Langeweile erzeugten Stress auszugleichen.
Wie können wir einem Pferd beibringen auf Herausforderungen und andere interessante Dinge mit funktionalem statt dysfunktionalem Stress zu reagieren?
Ein Pferd, das mit Herausforderungen gut umgeht, kann sehr viel Stress auf sehr funktionale Art haben. Nachdem eine Herausforderung gemeistert wurde und der Stress sich gelegt hat, fühlt das Pferd eine tiefe Leichtigkeit/ Ruhe im Kontrast zu dem Stress, den es gerade erlebt hat.
Ein Pferd, das mit Herausforderungen mit weniger Anpassungsfähigkeit umgeht, ist schnell überwältigt. Das lässt sich dann in Verhaltensweisen wie Kampf, Flucht und Erstarren beobachten. Wenn Kampf, Flucht und Erstarren involviert sind, ist es schwer ein Problem zu lösen oder sich erfolgreich durch eine Herausforderung durchzuarbeiten und die auf den Erfolg folgende Leichtigkeit/ Ruhe ist schwer zu finden.
Ich glaube, wir können die Reaktion eines Pferdes auf Herausforderungen mit einer Intensivierung des zu lösenden Problems nur so weit formen, als das das Pferd ihnen auf funktionale Weise begegnet.
Es wird zu einem entwicklungsorientierten System.
Ich ändere die räumliche Beziehung zwischen mir und dem Pferd und beobachte.
Das Pferd wird auf funktionale oder dysfunktionale Weise eine Lösung finden, die zu Komfort führt.
Wenn das Pferd dysfunktional reagiert (mit Kampf oder Flucht), habe ich irgend etwas viel zu früh von getan.
Wenn das Pferd funktional reagiert (mit Nachdenken, Weichen oder Spielen), habe ich für uns in diesem Moment gerade die richtige räumliche Herausforderung gewählt.
Mein Job als Trainer ist es, dem Pferd verschiedene Herausforderungen, die funktionalen Stress verursachen, zu stellen und dann mit ihm gemeinsam die Leichtigkeit der Harmonie zu genießen, weil jedes Problem gelöst ist.
Überall auf der Welt gibt es viele großartige Trainer, die das Pferd mit Hilfsmitteln davon zurückhalten wegzulaufen, wenn der Stress beginnt sich dysfunktional anzufühlen. Das Pferd lernt, dass Dysfunktion nur akzeptabel ist, wenn es mit Erstarren reagiert. Kampf und Flucht werden ihm abtrainiert. Wenn Hilfsmittel gut eingesetzt werden, ist es wunderbar mit anzusehen, wie Pferde in einem funktionaleren, angepassteren Leben aufblühen und lernen nachzudenken, statt einfach nur zu reagieren.
Da ich gerade in diesem Forschungsprojekt bin, stelle ich fest, dass das Schöne an Training in Freiheit ist, dass das Pferd mir laut und deutlich mitteilen kann, wenn ich mein Gefühl und Timing verbessern muss. Ich habe keine Hilfsmittel, um Kampf oder Flucht zu kontrollieren, also muss ich stattdessen mit den gestellten Herausforderungen umgehen. Diese Freiheit für das Pferd fordert mich dazu heraus, ein sehr viel besserer Trainer zu sein, als ich es sein müsste, wenn ich Hilfsmittel nutzen würde, um das Pferd zu kontrollieren.
Ohne Hilfsmittel habe ich kaum Kontrolle über das Pferd. Ich kann aber auch nicht den Wind, den Schnee, den Fuchs, der vielleicht nachts durch den Paddock rennt und die Pferde erschreckt, kontrollieren. Die äußeren Umstände werden immer ein Faktor im Stress Level, den das Pferd fühlt, sein.
Das Einzige, das ich kontrollieren kann, bin ich selbst.
Ich beobachte die Faktoren und schätze dann meine persönlichen Entscheidungen ein, um Zeit und Raum, in dem das Pferd und ich leben, entsprechend anzupassen.
Herausforderungen rufen funktionalen Stress hervor, das Pferd löst sie für ein Gefühl von Komfort. Pferd und Mensch erleben gemeinsam Leichtigkeit/ Ruhe, und dann dreht sich das Rad von vorn.
Atlas kann auf meine Herausforderungen viel besser mit funktionalem Stress reagieren, wenn er gerade nicht frisst und sein Freund Zohari in der Nähe ist. Wenn Atlas hungrig und aufs Fressen konzentriert ist, oder sein Freund nicht in Sichtweite ist, weiß ich, dass ich meine Erwartungen an die Größe der Herausforderung, die ich ihm stelle, senken muss.
Ari ist anders.
Ari kann auf meine Herausforderungen viel besser mit funktionalem Stress reagieren, wenn er frisst und sein Freund Occasio nicht zu sehen ist. Wenn Ari ein Nickerchen macht, die Umgebung beobachtet oder sein Freund Occasio zu nah bei ihm ist, weiß ich, dass ich meine Erwartungen an die Größe der Herausforderung, die ich ihm stelle, senken muss.
Ich denke, dass sich all dies mit der Zeit und mit viel Übung verbessert und beide, Atlas und Ari, Herausforderungen als positiven Teil ihres Lebens sehen werden, in immer mehr unterschiedlichen Situationen.
Wenn ich meinen Job richtig mache, mit gutem Gefühl und Timing, bringe ich meinen Pferden bei, auf immer größere Stresssituationen mit funktionalem Stress zu reagieren.
So wie die Fähigkeit eines Pferdes mit funktionalem Stress zu reagieren wächst, wächst auch ihre Möglichkeit, Lösungen, die zu Komfort führen, zu finden. Dann wird sich die Leichtigkeit/Ruhe in ihrem Leben tiefer und befriedigender im Kontrast zu diesen Herausforderungen anfühlen.
Letzte Woche habe ich dieses Video für meine Patreon Gruppe gemacht und mich diese Woche entschieden, es zu veröffentlichen. Hier könnt ihr sehen, wie die Pferde und ich uns im Schnee durch das System arbeiten, von dem ich in diesem Blog Post spreche.
https://www.patreon.com/posts/snow-24732774
In der Patreon Gruppe teile ich jede Woche ein Video, um das dann immer interessante Gespräche entstehen. Wenn Dir das Video gefällt, hoffe ich, dass Du ein Teil von Patreon wirst und Dir auch noch weitere Videos gefallen.
https://www.patreon.com/tamingwild
Ich liebe den Schnee nicht, aber ich weiß, er macht mich stärker. Ich weiß auch, es ist einfach schöner die Pferde im Schnee zu filmen. Also umarmen wir die Herausforderung und feiern die Leichtigkeit/Ruhe, die bleibt, wenn das Puzzle gelöst ist.
Hufe und Herzschläge,
Elsa